Handa’s surprise. Eileen Brown. Walker Books Ltd., 1994.

Unsere Reise auf dem afrikanischen Kontinent geht weiter mit einem Buch über ein kleines kenianisches Mädchen. Handa lebt in einem traditionellen Dorf (runde Häuser) und möchte ihrer Freundin Akeyo eine Überraschung machen. Dazu packt sie sieben Früchte in ihren Korb, den sie auf dem Kopf übers Feld bis ins Nachbardorf trägt. Auf dem Weg stibitzen ihr allerdings sieben verschiedene Tiere die Früchte aus dem Korb, ohne dass Handa dies bemerkt. Durch einen Zufall kommt sie dennoch nicht mit leeren Händen bei Akeyo an. Die Bilder sind wirklich wunderschön: warm und friedlich, eine Aquarelltechnik mit vorherrschenden Gelb- und Brauntönen. Die Gesichter der Tiere sind sehr liebevoll und detailreich gemalt. Bei jedem neu auftauchenden Tier sieht man noch ein Stück des vorhergehenden Tieres – das macht Spaß und ist einfach süß.

Die Engländerin Eileen Brown lebte lange in London als Lehrerin und arbeitete viel mit Jugendlichen verschiedener Herkunftsländer („youth worker“), die sie dazu inspirierten, Kinderbücher mit dunkelhäutigen Protagonisten zu schreiben. Ebenso ist es ihr ein Anliegen, dass es mehr weibliche Hauptfiguren in Kinderbüchern gibt. Über Handa gibt es auch noch drei weitere Bücher („Handa`s Hen“, „Handa´s noisy night“, „Handa´s surprising day“). Während das letztgenannte eher für Kinder ab 5 Jahren empfohlen wird (Kategorie „chapter book“), sind die anderen auch schon was für die ganz Kleinen: wenig Text, schöne Bilder und eine einzige Pointe, Tiergeräusche oder Zahlen bis 10.

Gleich zu Beginn des Buches – nach der Danksagung – gibt die Autorin an, dass die Kinder im Buch vom Luo-Stamm im Südwesten Kenias sind. Eine schnelle Recherche hat ergeben, dass die Luos nach den Kikuyu und den Luhya die drittgrößte Ethnie Kenias sind. Die Luos praktizieren zwar Polygamie, jedoch keine weibliche Beschneidung, was sie von den meisten anderen kenianischen Völkern unterscheidet. In der Luo-Gesellschaft wird jeder Mensch wohl als veränderbar und ein Leben lang lernend betrachtet. Außerdem soll die Gesellschaft sehr egalitär aufgebaut sein. Auch wenn dies keine Themen für eine Diskussion mit den Kinder sind, ist es immer gut, etwas über die dargestellten Völker, Stämme, Ethnien etc. zu erfahren. Bekannte Luos sind die Schriftstellerin Grace Ogot, die Schauspielerin Lupita Nyong`o und Barack Obama Senior. (Anmerkung: Grace Ogot gelang der Durchbruch 1966 mit „The promised Land“ und Barack Obama veröffentlichte 2020 seine Memoiren „A promised Land“…)

„Handa’s surprise“ findet man relativ häufig auf Listen oder Empfehlungen zu afrikanischen Kinderbüchern und es wurde vielfach gelobt und ausgezeichnet. Der Text wurde auch bereits zu einem Theaterstück adaptiert. Das Buch ist in verschiedenen zweisprachigen Ausgaben (z.B. engl./somali, engl./französisch…) und sogar auf Spanisch erhältlich, leider aber nicht auf Deutsch. Da jede Doppelseite jedoch nur einen Satz, höchstens zwei und oft sogar nur einen halben Satz enthält, kann man zügig und spontan übersetzen. Es gibt auch keine Reime, bei deren Übersetzung viel verloren gehen könnte. Trotz oder gerade wegen seiner Einfachheit besticht das Buch jedoch und bringt die Wärme der afrikanischen Sonne (so viele Insekten in der Luft!) und die Süße der exotischen Früchte mitten ins Kinderzimmer.

Neben den runden Häusern der Dörfer und den Körben auf dem Kopf sieht man Babys, die in Tüchern auf dem Rücken getragen werden, und eine Frau, die vor einem Haus sitzend Maiskolben schält. Die Freundinnen Handa und Akeyo tragen bunte Kleider und Sandalen/Flipflops und ihr Haar ist zu Zöpfchen geflochten. Akeyo hat außerdem ein großes Batiktuch um sich gebunden.

Sprachlich eignet sich das Buch für das Vokabular der Früchte und Tiere sowie den Ausdruck von Freude, Überraschung und das Gelächter der beiden Mädchen auf der letzten Seite. Während ich früher einige Bücher komplett auf Englisch vorgelesen habe (zum Beispiel „The Koala who could“), wollen A&E dies mittlerweile nicht mehr so gerne. Vor allem E pocht darauf, dass Bücher ad hoc auf Deutsch oder Spanisch übersetzt werden sollen (bei Handa ist dies ja auch möglich). Mit 4 Jahren sind sie in einem Alter, wo sie dem Lauf einer Geschichte folgen und Zusammenhänge verstehen wollen. Obwohl sie Englisch täglich hören und auch erstaunlich viel aus den Gesprächen der Erwachsenen ableiten können, tauchen sie nicht in die Sprache ein, weil sie sie nicht brauchen. Somit benutzen sie sie nicht und lernen nicht aktiv dazu, verbessern sich also auch nicht. Da Deutsch bisher die stärkere Sprache für die Kinder war, lege ich den Fokus lieber auf verstärkten Spanisch-Input, als nun künstlich eine Notwendigkeit für Englisch zu schaffen. Vielleicht hat sich das Zeitfenster, eine dritte Familiensprache zu etablieren, auch bereits geschlossen – vielleicht ist es nur eine Phase der Ablehnung… Wichtig ist uns jedenfalls, dass sie die Sprachen der beiden Eltern und Familien beherrschen, Englisch können sie sicherlich auch später noch als Fremdsprache lernen. Mit „Handa’s surprise” kann man auf jeden Fall immer mal wieder ein bisschen Englisch hereinschmuggeln, denn durch den spärlichen Text eignet es sich zum zweisprachigen Vorlesen, Spielen und Experimentieren.

©Kathrin Schneider

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