Lunar New Year. Hannah Eliot (Text), Alina Chau (Illustrationen). Simon & Schuster, 2018. (Celebrate the World).
Am Freitag, den 12. Februar 2021 war das Mond-Neujahr – ein Fest, das in vielen asiatischen Ländern gefeiert wird (Vietnam, Nord- und Südkorea, Japan, Tibet, Mongolei …). Bekannt ist es als „chinesisches Neujahrsfest“/“Chinese New Year“, allerdings wäre es besser vom Mond-Neujahr zu sprechen, da es in ganz Ostasien verbreitet ist und wichtige regionale Unterschiede besitzt. Es beruht auf dem alten chinesischen Kalender (Lunisolarkalender), in dem sich der Jahresanfang nach Sonne und Mond richtet. Deshalb findet das chinesische Neujahrsfest immer am zweiten Neumond nach der Wintersonnenwende statt. Jedem Jahr ist eines der zwölf Tierkreisbilder zugeordnet. Dazu gehören neben der Ratte auch Büffel, Tiger, Hase, Drache, Schlange, Pferd, Schaf, Affe, Hahn, Hund und Schwein. Das gerade begonnene Jahr ist das Jahr des Büffels.
Das Pappbilderbuch „Lunar New Year“ führt die zwölf Tiere des chinesischen Tierkreises ein und erzählt, was während dieser Festtage gemacht wird und was es mit den verschiedenen Symbolen und Riten auf sich hat. Dass vor den Feierlichkeiten erst das ganze Haus aufgeräumt und geputzt wird (sowie auch die Menschen gebadet), damit alles Schlechte des letzten Jahres weggewaschen wird, fanden die Kinder zwar keine so tolle Idee, dafür gefiel ihnen die Geschichte vom Monster Nian umso mehr! Nian, so die alte chinesische Legende, kam einmal im Jahr aus seinem Versteck um die Menschen zu erschrecken. Die mit weit aufgerissenen Mündern weglaufenden Menschen, das verstreute Obst und die Zerstörung haben die Kinder sehr berührt. Tollerweise kommt direkt auf der nächsten Seite die Lösung: man braucht ganz viel Licht, ganz viel der Farbe Rot und ganz viel Lärm, dann hat nämlich das Monster Angst und läuft davon. Was für eine wunderbare Handlungsanleitung, um kleinen Kindern die Angst zu nehmen! Licht, Lärm und Rot – das bekommt wirklich jedes Kleinkind hin und wird damit bestärkt, dem Monster die Stirn zu bieten. Die meisten Riten um das Neujahrsfest, die hier beschrieben werden, erklären sich aus diesen drei Punkten: viele Laternen und Lampen, viel Rot in der Dekoration und viele Feuerwerkskörper. Überall werden Dinge aufgehängt, die Glück bedeuten, wie Papierschnitte, kunstvolle Knotengebinde oder das chinesische Zeichen „fu“. Und dann geht es natürlich um das Allerwichtigste: Zeit mit der Familie zu verbringen und ganz viel Leckeres zu essen.

Es wird auch klar, dass es darum geht, das neue Jahr harmonisch und in Frieden zu verbringen, aber auch hoffentlich zu Wohlstand zu kommen (Kinder bekommen Geldumschläge). Dick gedruckt sind im ganzen Buch einige chinesische Wörter, wie hongbao (Geldumschläge) oder Sui (Geist). Um die Kinder vor diesem bösen Geist (Sui) zu schützen, knüpften Eltern acht Münzen auf einen roten Faden und legten ihn unter das Kopfkissen des Kindes. Interessanterweise gibt es auch in Ecuador die Ansicht, dass die Farbe Rot das Schlechte und die negativen Geister vertreibt: Neugeborenen werden rote Armbänder angelegt, um sie vor dem „mal de ojo“ (das „böse Auge“) zu schützen. Sehr interessant fanden die Kinder dann noch die vorletzte Doppelseite über das Laternenfest, das den Abschluss der 15tägigen Feierlichkeiten markiert. Besonders fasziniert waren sie von den Drachen innerhalb des Festumzuges, und dass erwachsene Männer diese bedienten und „mit ihnen spielten“. Im gesamten Buch bieten sich jede Menge Gesprächsanlässe an: Parallelen und Ähnlichkeiten wie zum Laternenlaufen an St. Martin, zu Karnevals-/Faschingsumzügen … Gibt es bei uns auch einen Großputz? (Frühjahrsputz) Wie feiern wir Neujahr? etc.
Ich fand es sehr gelungen dargestellt, dass viele Menschen bei den Zuschauern des Umzugs mit hochgerecktem Handy abgebildet wurden. Dies ist in der Realität sicherlich noch viel stärker, aber es wenigestens ein bisschen auch abgebildet zu sehen, finde ich richtig.
Das Pappbilderbuch ist Teil der Reihe „Celebrate the world“, neben dem Mondneujahr gibt es auch ein Buch über Ramadan, über Diwali (Indien) und über Día de los muertos (Mexiko). Leider wieder auf Englisch, aber das flüssige Vorlesen geht gut, wenn man es sich vorher kurz angesehen hat. Als Pappbilderbuch mit Fokus auf Bildern ist also schon etwas für die ganz Kleinen. Die größeren Kinder werden an diese wichtige Tradition des Mondneujahrs herangeführt und können kleinere Suchaufträge ausführen, zum Beispiel in Kombination mit dem Buch „Maps“, genauso wie wir das auch mit „Good Night India“ machen. Dieses schöne Pappbilderbuch gehört in jedem Fall zu einer kleinen Kollektion über China und seine Traditionen.
Die Bilder in diesem Buch finde ich sehr schön: eine Mischung aus Zeichentrick und graphic novel, sehr kindgerecht und bunt ohne überladen zu wirken. Zuerst wollte ich mit den Kindern am Freitagabend chinesische Knödel und süßen Klebreis selber machen – entschied mich dann aber um und wir haben etwas beim Asiaten in der Stadt geholt! Sehr lecker (und viel nervenschonender!). Guò nián hăo!
© Kathrin Schneider